Im Jahre 1980 sprach Herr Hoffmann, damaliger Vorsitzender des Komitees, den Rektor der Hauptschule Walheim, Herrn Müller, an, ob die Hauptschule nicht an einem Schulaustausch
mit der Schule in Montebourg interessiert sei. In einer der folgenden Lehrerkonferenzen wurde dann ein solcher Austausch beschlossen. Es sollte eine Abschlussfahrt für die Klasse 10 des Jahres 1981 sein. Die Schüler waren schnell begeistert und auch die Eltern wurden zufriedengestellt, nachdem sie erfahren hatten, dass der Großteil der entstehenden Kosten vom Deutsch Französischen Jugendwerk übernommen werden sollte.
In der Schule lernten die Schüler fleißig erste Gehversuche in der neuen Sprache – jedoch mit wenig Erfolg, wie sich später im Ernstfall herausstellen sollte. Die Freude und Erwartungen übertönten die Angst vor den französischen Familien, die auch nicht weichen wollte, obwohl die Begleiter, Frau Kreitz und Herr Hauer, mit viel guter Ansprache und gut gemeinten Beschwichtigungen diese zu minimieren versuchten.
Auf dem Aachener Bahnhof zeigten sich die Jungen noch sehr stark und keinerlei Abschiedsschmerzen, so konnten sich auch die Mädchen nicht gehen lassen – ihre wahren Gefühle etwa offen zu zeigen.
Die Bahnfahrt verlief auch sehr gut im überfülltem Zug, die meisten saßen im Gang auf ihrem prall gefüllten Koffer. Diese Koffer bereiteten dann aber in Paris beim Bahnhofwechsel sehr große Schwierigkeiten, weil sie nicht so einfach durch die Sperre zur Metro zu bringen waren und schon mancher tatkräftiger Hilfe der stärkeren Jungens bedurften. Dabei spielte zusätzlich die Angst vor den überaus geschickten Taschendieben auf den Bahnhöfen eine große Rolle, die die Hektik noch zusätzlich verstärkte. Auch der Einstieg in die Metro war für so manchen ein Problem, obwohl ein Begleiter immer als letzter einsteigen sollte. Während der folgenden zweistündigen Wartezeit machten einige eine Stadtbesichtigung mit dem Bus, andere hielten Wache auf den Gepäckstücken.
Die Weiterfahrt mit dem Arbeiterzug nach Valognes gestaltete sich als sehr langweilig, weil es viele Haltestellen gibt. In Valognes dann erwarteten uns die französischen Partner mit ihren Eltern. Die Überraschungen blieben meist aus, weil sich die Schüler schon durch Briefkontakte Fotos und erste Beschreibungen von sich selbst und ihren Eltern zugeschickt hatten. Daher war die Verteilung auf dem Bahnhof kein Problem.
Am nächsten Morgen erwarteten uns jedoch viele Überraschungen. Die Schüler erzählten von ihren ersten Entdeckungen in den französischen Familien, von Hunden und Katzen, von Vögeln und Kälbchen, die den Schlaf mit Wärme oder Gesang begleitet hatten. Für manchen nicht sonderlich störend, andere aber haben wenig schlafen können. Und dann die besondere Überraschung in der Abbay. Die Kollegen mit ihren Direktor Le Duc hatten für uns einen wunderschönen Stundenplan ausgearbeitet - und nicht wie bei uns endend gegen 13.00 Uhr, nein, wir sollten wie die Partnerschüler bis 16.00 Uhr warten und manche noch länger, wenn die Eltern keine Zeit zum Abholen hatten.
Dabei hatten wir eine Abschlussfahrt geplant!
Nach einer Absprache im Lehrerkollegium konnte der Stundenplan für uns aber wesentlich entschärft werden. Wir wanderten mehrere Male nach Quineville zum Strand, machten dort Spiele, oder suchten Muscheln, die auch später verspeist wurden. Dabei zeigte uns Monsieur Schuh Besonderheiten der Umgebung auf den doch mühsamen 8 km bis zum Wasser.
Schon am zweiten Morgen wurden wir Begleiter recht schnell von unseren französischen Kollegen darauf hingewiesen, dass unsere Schüler vor den Eingangstor rauchten – ein sicherlich zu damaliger Zeit schweres Vergehen. In der Abbay konnte das auch zur Entlassung aus der Schule führen. Da musste natürlich eingeschritten werden. Sehr schnell aber hatten auch die Deutschen entdeckt, wo ungestört geraucht werden konnte, sie schlossen sich einfach ihren Partnern an und schon war dieser Fehler behoben.
In den Familien gab es ab und zu kleinere Unstimmigkeiten: Die Gasteltern bemühten sich immer, alles möglichst korrekt und fein zu machen. Das wurde manchmal falsch verstanden: „Die wollen mir was, sie sollen mich in Ruhe lassen“ usw.. Ein Mädchen beschwerte sich über die Waschgelegenheiten auf dem Bauernhof und vermisste die Dusche. Nachdem der Sohn von ihrem Grund für ihr Unwohlsein erfuhr, erklärte er sich sofort bereit, ihr im Schuppen eine Dusche zu bauen – er wollte auch immer wieder warmes Wasser von oben nachgießen.
Der vierzehntägige Aufenthalt hat nach einer sehr kurzen Anlaufzeit allen viel Spaß gebracht. Noch heute ist diese Fahrt Gesprächsstoff auf Klassentreffen und wird als ganz besonderes Ereignis dargestellt. Niemand spricht von den unangenehmen oder ungewohnten Ereignissen – das Schöne und der Spaß überwiegen.
Die Rückfahrt gestaltete sich viel entspannter, obwohl auch die Züge sehr gut gefüllt waren und somit alle sehr eng und unbequem sitzen mussten. Der Abschied in Valognes entlockte manchen ein paar Tränen. Viele hatten sich während der Zeit an einander gewöhnen und sich verstehen können.
Insgesamt wurde dieser Schulaustausch so positiv bewertet, dass der Austausch bis zum Schließen der Schule durchgeführt und danach von der Gesamtschule Brand weitergeführt werden konnte.